Die Stiftung Waldheim ist vielen in der Region als grosser Arbeitgeber und «Heimat» für erwachsene Menschen mit Behinderung bekannt. Dieses Jahr feiert die Stiftung 75 Jahre Jubiläum. Der Geschäftsleiter Werner Brunner erzählt, was ihn an seiner Tätigkeit reizt und fordert und was für ihn persönlich einen guten Arbeitsplatz ausmacht.
Werner Brunner empfängt mich im Verwaltungsgebäude der Stiftung Waldheim in Walzenhausen. Obwohl, Gebäude ist schon fast übertrieben. Nur das Erdgeschoss beherbergt die wenigen Büros, in der die zentralen Dienste der Stiftung untergebracht sind. Als ich wohl etwas ungläubig blicke, erklärt mir Werner Brunner nicht ohne Stolz, dass weniger als zehn Prozent des Aufwandes der Stiftung für die Verwaltung anfalle. Somit würden von einem gespendeten Franken mehr als 90 Rappen zu Gunsten der Bewohnerinnen und Bewohner eingesetzt. Schon sind wir beim Kern der Stiftung Waldheim angelangt. Denn in der Stiftung dreht sich alles um die Menschen, die hier wohnen und tagsüber einer Tätigkeit nachgehen, die ihren Möglichkeiten entspricht. Es sind Menschen mit einer geistigen, körperlichen oder psychischen Behinderung.
Die Stiftung blickt auf eine 75-jährige Geschichte zurück. 1943 bezogen Josef Kämpf und Margrith Frehner, das Gründerduo, zusammen mit 12 „Patienten“ die Pension Waldheim in Rehetobel. Seither ist die Stiftung nicht nur gewachsen. Auch in der Betreuung von Menschen mit einer Behinderung hat sich viel verändert. Technische Hilfsmittel für die Kommunikation sind nur ein Puzzlestein, der mehr gesellschaftliche Teilhabe und damit mehr Lebensqualität ermöglicht.
Das Gründerhaus gehört heute zum Wohnheim Sonne, dessen Neubau 2016 in Rehetobel in Betrieb genommen wurde. Wie eine Streusiedlung sind die Standorte der Stiftung Waldheim über das Appenzellerland verteilt. Nebst demjenigen in Rehetobel sind es die Wohnheime Bellevue und Krone in Walzenhausen und das Schönenbüel in Teufen. 190 Menschen wohnen in den fünf Heimen. Sie werden von rund 280 Mitarbeitenden betreut und gepflegt. Zudem absolvieren jährlich rund 25 zukünftige Fachkräfte ihre Ausbilung bei der Stiftung. Zählt man alle zusammen, kommt ein kleines Dorf zusammen.
Werner Brunner stiess vor rund zwei Jahren dazu. Die Vielfalt sowohl seitens der Bewohnerinnen und Bewohner wie seitens der Mitarbeitenden bezeichnet er als Chance und als tägliche Herausforderung zugleich. Er schätze es, im Leitungsteam Menschen mit unterschiedlichem Ausbildungshintergrund zu haben. Jede und jeder von ihnen verfüge über unverzichtbare Erfahrungen und Kompetenzen. Erst zusammen gelänge es ihnen, die hohen Qualitätsideale zu erfüllen, die sie anstrebten. Gute Zusammenarbeit – gerade in Teams mit grosser Vielfalt – sei jedoch auch Knochenarbeit. Es gelte immer wieder, auf den gemeinsamen Zweck zu fokussieren, auf das was sie gemeinsam erreichen wollten. Auf die Frage, ob er den Schritt nochmals wagen würde, überlegt er nicht lange und bejaht sofort. Er weiss genau, was ihn an der Herausforderung reizte, die Geschäftsleitung der Stiftung Waldheim zu übernehmen. „Hier kann ich meine betriebswirtschaftlichen Kompetenzen in eine sinnhafte Tätigkeit einbringen. Hier kann ich die Kultur mitgestalten.“
Mir war die Stiftung auch als Preisträgerin des Labels „Great Place to Work“ bekannt. Sie errang in der Branche Gesundheits- und Sozialwesen dreimal – in den Jahren 2014, 2015 und 2017 – den ersten bzw. zweiten Platz. Deshalb möchte ich von Werner Brunner wissen, ob der Preis auch für das Jubiläumsjahr 2018 angestrebt wird. Er verneint und bejaht zugleich. Zwar würden sie wiederum die Mitarbeitenden umfassend zu ihrer Zufriedenheit und ihrem Befinden befragen. Aber das Label stehe nicht mehr im Vordergrund. Das damit verbundene Geld steckten sie lieber in Massnahmen zu Gunsten der Mitarbeitenden. „Ich lege den Fokus auf Nachhaltigkeit, nicht auf Schönheit“, sagt er. Dennoch wolle die Stiftung natürlich weiterhin eine gute bzw. sehr gute Arbeitgeberin bzw. Ausbildnerin und damit ein wichtiger Leistungspartner für den Kanton AR sein. Ein guter Arbeitsplatz ist für ihn persönlich mit Gestaltungsspielraum verbunden, mit Entwicklungsmöglichkeiten, mit einer Kultur des Miteinanders und mit einer sinnhaften Tätigkeit. Auch der kurze Arbeitsweg sei für ihn ein Pluspunkt. In Wald aufgewachsen ist Werner Brunner dem Vorderland treu geblieben und wohnt noch heute in der Region.
>>> Hinweis auf Jubiläumsjahr mit diversen Veranstaltungen und Jubiläumswebsite mit Geschichte der Stiftung: www.75jahreheimat.ch