Der Alpenhof thront auf dem St.Anton in Oberegg. Aus der Ferne betrachtet könnte es auch eine Trutzburg sein. Für viele Menschen aus der Region hängt ihm noch ein verruchtes Image an, weil er lange leer stand und danach von einer Künstlergruppe betrieben wurde und nicht öffentlich zugänglich war. Seit 9 Jahren empfängt der Alpenhof wieder Gäste. Er versteht sich als Rückzugs- und Arbeitsort, als Panoramaherberge und Kulturfrachter. Ein Blick in die bewegte Geschichte des Hauses lohnt sich.
Ich drücke die Klingel und warte gespannt und etwas ungeduldig, ob jemand öffnet. Und dann werde ich von Bea Hadorn herzlich empfangen. Sie führt mich sofort in den oberen Stock, wo ich – überwältigt vom Ausblick – vor den grossen Panorama-Fenstern stehen bleibe. Vor mir erstreckt sich das Rheintal, rechts im Bild der Alpstein und auf der anderen Seite die österreichischen Alpen. Jedes Fenster eine Postkarte. Nicht umsonst nennt sich der Alpenhof auch Panorama-Herberge. Der Name ist treffend. In den Räumen mit der klaren Formensprache und den Kunstinstallationen fühle ich mich sofort wohl. Es ist ein besonderer Ort. Ein Kraftort, sagt Bea Hadorn, und ich glaube ihr sofort.
Der Alpenhof wurde 1898 erbaut, damals als Kurhotel für Gäste aus aller Welt. Mit dem Niedergang der Textilindustrie gingen dem Alpenhof auch die Gäste aus und das Gebäude verfiel in einen Dornröschenschlaf. Allerdings wurde noch lange Tango getanzt im Alpenhof. In den 1980er und 1990er Jahren war es noch ein Restaurant. Der Prinz, der den Alpenhof aus dem Schlaf erweckte, kam in Form eines Künstlerkollektivs, das sich im Alpenhof den Traum eines Arbeits- und Wirkungsortes verwirklichte. Pipilotti Rist und Peter Weber sind nur zwei der namhaften Kunstschaffenden, die den Alpenhof belebten. Der damalige Besitzer verkaufte der Gruppe das Haus und damit kam der finanzielle Druck. Das Haus musste restauriert und unterhalten werden. Es war baufällig, weil jahrelang nichts in den Unterhalt investiert wurde.
Glücklicherweise fand sich für das Haus eine Besitzerin, die sich den Idealen der Initiativgruppe verpflichtet fühlt und die notwendigen Renovationsarbeiten finanzieren konnte. So steht der Alpenhof inzwischen auf gesunden Beinen. Bea Hadorn ist Betriebsleiterin und prägt den Charakter des Hauses als Gastgeberin wesentlich mit. Auf den Tisch kommt nur, was Saison hat und aus der Region stammt. Sie ist stolz darauf, dass sich der Alpenhof mittlerweile als Rückzugs- und Arbeitsort für Menschen aus nah und fern etablieren konnte. Sie empfängt Teams für Seminare, Kunstschaffende und ManagerInnen für Auszeiten und kreatives Arbeiten, Familien für Geburtstagsfeste und Hochzeitsfeiern.
Den Alpenhof jedoch als gewöhnliche Herberge zu verstehen, würde zu kurz greifen. Nebst den Gästen fühlt sich nämlich auch die Kunst heimisch im Alpenhof. Die Räume sind von Kunstwerken geprägt, die teils eigens für den Alpenhof geschaffen wurden. Regelmässig finden Ausstellungen statt, die Menschen aus allen Himmelsrichtungen anlocken. In der Lounge steht eine Jukebox, die regelmässig neu mit Musik bestückt wird und schliesslich beherbergt das Haus die Büchersammlung von Andreas Züst. Die 10‘400 Bücher bilden ein eindrückliches Labyrinth, indem von Reiseliteratur über Belletristik, UFO’s, Vulkanologie, Feuerwerk, Raumfahrt bis Kitsch (fast) alles zu finden ist. So ist gewährleistet, dass im Haus ein weltoffener Geist weht und die Gäste – trotz Rückzug – den Bezug zur grossen weiten Welt nicht verlieren.